Auch im letzten Monat beschäftigten Gerichtsurteile all die Unternehmen, die sich mit E-Commerce beschäftigen. In diesem Rückblick möchten wir die wichtigsten Urteile für Sie nochmals darstellen:

Bundesgerichtshof äußert sich grundsätzlich zur Werbung mit Selbstverständlichkeiten

In einer wichtigen Grundsatzentscheidung hatte der Bundesgerichtshof die Rechtsfrage geklärt, ob und inwieweit  Unternehmen grundsätzlich mit so genannten Selbstverständlichkeiten, hier gesetzlichen Rechten von Kunden werben dürfen.

Die Besonderheit ist, dass Aussagen bei B2C-Verträgen wie „Bei uns gibt es auf alle Produkte 2 Jahre Gewährleistung“ eine reine Wiederholung der gesetzlichen Ansprüche sind, die dem Kunden immer zustehen, wenn er Verträge mit Unternehmern schließt, soweit er Verbraucher ist.

Dies lässt sich auch auf andere gesetzliche Ansprüche, wie zum Beispiel das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen übertragen.

Diesbezüglich hat der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung (Urteil vom 19. März 2014, Az.: I ZR 185/12 – Geld-Zurück-Garantie III) zunächst klarstellend festgestellt, dass eine entsprechender Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und dort der Nummer 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG bereits dann vorliegt, wenn und soweit eine entsprechende gesonderte Betonung entsprechender gesetzlicher Rechte vorliegt.

Auf eine hervorgehobene Darstellung (zum Beispiel Fettdruck etc.) kommt es nicht an.

Die andere Konsequenz des Urteils ist es, das es bei jeder einzelnen Darstellung auf die konkrete Aussage ankommt.

So sieht der Bundesgerichtshof zum Beispiel dann keinen Rechtsverstoß, wenn die Selbstverständlichkeit der Aussage und der damit verbundenen Konsequenz hervorgehoben wird.

Werben Sie also zum Beispiel mit der Aussage „Bei uns haben Sie selbstverständlich 14 Tage Widerrufsrecht“, so kann dies, so die Richter des Bundesgerichtshofes nicht irreführend sein.

Hier ist die Konsequenz dieses Urteils, dass E-Commerce-Anbieter jegliche Werbeaussagen in Zusammenhang mit gesetzlichen Rechten genauestens prüfen sollten, da hier ein schmaler Grat zwischen Zulässigkeit und Unzulässigkeit besteht.

Werbung mit „14 Tage Geld-Zurück-Garantie“ kann unzulässige Bewerbung des Widerrufsrechts sein

Dies zeigt die gleiche, bereits oben genannte, Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 19. März 2014, Az.: I ZR 185/12 – Geld-Zurück-Garantie III).

Ein Onlinehändler hatte im Rahmen eines Internetverkaufsangebotes auf einer Internetverkaufsplattform mit der Aussage „Sollten Sie mit einem kompatiblen Produkt nicht zufrieden sein, haben Sie eine 14-tägige Geld-Zurück-Garantie. Das Porto der Rücksendung übernehmen wir.“

Dies sah der Bundesgerichtshof als wettbewerbswidrige Darstellung an, da hier nicht mit dem gesetzlichen Widerrufsrecht geworben wird, das zum Zeitpunkt der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung grundsätzlich immer 14 Tage betragen hat.

Die Konsequenz dieses Urteils ist, dass die Bewerbung des Widerrufsrechts und die entsprechende Nennung der 14-tägigen Widerrufsfrist im Rahmen einer Werbeaussage, wenn und soweit diese als zusätzlicher Mehrwert dargestellt wird, eine irreführende und damit wettbewerbswidrige Darstellung sein kann.

Irreführung durch leugnen des Widerrufsrechts gegenüber Verbrauchern bei individuell konfiguriertem Notebook möglich

Dies gilt jedoch nach der Rechtsansicht des Kammergerichts Berlin aus einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 27. Juni 2014, Az.: 5 U 162/12, nicht rechtkräftig) nur dann, wenn die im Rahmen der Kommunikation mit dem Kunden vertretene Rechtsauffassung planmäßig und widerbesseres Wissen erklärt wird.

Das Gericht hatte die Vorgehensweise eines PC-Anbieters zu bewerten, der über das Internet unter anderem nach Kundenwunsch individuell konfigurierte Notebooks verkauft hatte.

Dieser hatte im Rahmen der Kundenkommunikation nach einem erklärten Widerruf vorgetragen, dass das konkret eingesandte Produkt vom Widerrufsrecht ausgeschlossen, sei es entsprechend konfiguriert worden sei.

Zum Zeitpunkt dieser Kommunikation zwischen dem beklagten Unternehmen und dem Kunden galten noch die alten Regelungen zum Widerrufsrecht und dort insbesondere die Regelung des § 312d Abs.1 Nr.1 BGB, die wie folgt lautete:

„Das Widerrufsrecht besteht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht bei Fernabsatzverträgen…zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde.“

Aufgrund der individuellen Kommunikation der Beklagten mit ihrem Kunden sah hier das Kammergericht Berlin kein planmäßiges Vorgehen der Vorenthaltung des gesetzlichen Widerrufsrechts bzw. Ansprüche daraus als gegeben an.

Im konkreten Fall war es jedoch nach Ansicht des Gerichts so, dass aufgrund der individuellen Kommunikation mit dem Kunden ein planmäßiges Vorgehen und somit ein systematisches Vorgehen mit der Folge einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung nicht vorlag.

Zu Gunsten des beklagten Unternehmens sprachen folgende Aspekte aus dem konkreten Sachverhalt:

  • Individuelle Kommunikation mit dem Kunden
  • Kein generelle Verweigerung des Widerrufsrechts
  • Berufung auf Rechtsprechung, die vertretbar ist, und die geäußerte Rechtspostion untermauert

Praxistipp:

Grundsätzlich bietet es sich für Unternehmen an, im Rahmen der Kommunikation, die sich mit Verbraucherrechten im konkreten Einzelfall befassen (zum Beispiel Gewährleistungsrechte oder Widerrufsrecht) stets individuell mit dem Kunden zu kommunizieren und diesem seine Rechte oder die Nichtgewährung von Rechten zu erklären.

Standardmäßige Texte, die übermittelt werden, können ggf., wenn und soweit diese erkennbar nicht der geltenden Gesetzeslage entsprechen, auch nach dieser Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin als wettbewerbsrechtliche Irreführung angesehen werden.

Vorsicht bei der Übernahme von Werbetexten – Unter Umständen besteht Urheberrechtsschutz

Dies ist einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf (Urteil vom 6. Mai 2014, Az.: I-20 U 174/12) zu entnehmen.

Das Gericht hatte zu entscheiden, ob und inwieweit Werbetexte für Anwaltsroben urheberrechtlich geschützt sind, die im Rahmen der Bewerbung solche Produkte genutzt wurden.

Diese waren durch ein Unternehmen übernommen worden und es wurden entsprechende Unterlassungsansprüche aus dem Urheberrecht geltend gemacht.

Das Gericht betont noch einmal, dass die Schutzfähigkeit von Texten dann gegeben sein kann, wenn eine deutliche überragende Darstellung des Textes gegenüber alltäglichen Texten vorliegt und insbesondere keine mechanisch-technische Aneinanderreihung zum Beispiel von Materialangaben erfolgt.

Wenn und soweit im Rahmen der Produktgestaltung eine eigene Schöpfung sowie eine eigentümliche Gedankendarstellung und Gedankenführung erkennbar ist, die sich dann dieser Gedankenführung folgt noch als individuell geprägter Text darstellt, der sich von weiteren Texten abhebt, kann nicht insoweit ein Schutz angenommen werden.

Dies bedeutet konkret, dass auch Werbetexte für angebotene Waren- und Dienstleistungen unter Umständen über das Urheberrecht geschützt sein können.

Jedoch kommt es hier entschieden auf die Einzelfallgestaltung an, sodass eine pauschale Beurteilung nicht möglich ist.

Die Konsequenz des Urteils des Oberlandesgerichtes Düsseldorf dürfte aber einmal mehr sein, dass Produkttexte keinesfalls übernommen werden sollten, da immer mit der Gefahr einer Urheberrechtsverletzung zu rechnen, die sodann mit entsprechenden außergerichtlichen und gerichtlichen Schritten verbunden sein kann.

Selektiver Vertrieb vs. rechtliche Unzulässigkeit

Dass dies ein schmaler Grat ist, den Markenhersteller betreten, zeigt eine weitere aktuelle Entscheidung des Landgerichtes Frankfurt am Main (Urteil vom 18. Juni 2014, Az.: 2-03 O 158/13, nicht rechtskräftig).

Ein Anbieter für Outdoor-Produkte hatte im Rahmen seiner Verkaufsbedingungen unter anderem den Verkauf über Onlineplattformen und die Bewerbung über Preisvergleichsportale ausgeschlossen.

Dies erfolgte im Rahmen der Vertragsunterlagen in pauschaler Form.

Diese pauschale Einschränkung sah das Landgericht Frankfurt am Main in seiner Entscheidung als unzulässige Vertriebsbeschränkung eine und sah hier insbesondere keine stichhaltige Begründung, aus welchen Gründen hier der Vertrieb über solche Plattformen nicht erfolgen sollte.

Dieses Urteil ist ein weiteres Urteil, zu der noch nicht abschließend geklärten Frage, ob und inwieweit ein entsprechendes selektives Vertriebssystem von Markenherstellern genutzt werden kann, um zum einen den Verkauf zu reglementieren, zum anderen aber auch nicht gegen bestehendes Recht zu verstoßen.

Hier kommt es immer auf die konkrete Einzelfallgestaltung an, wie vertragliche und sonstige Unterlagen ausgestaltet sind und ob den jeweiligen Händlerkunden des Markenherstellers tatsächlich noch ein ordnungsgemäßer und zumutbarer Verkauf gegeben ist.

Volke Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB

ist Rechtsanwalt in der Kanzlei volke2.0. Er berät als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Fachanwalt für Informationstechnologierecht Mandanten vor allem in Fragestellungen rund um die Themen Wettbewerbs- und Markenrecht. Schwerpunkt ist dabei die Abwehr von Abmahnungen und die rechtliche Prüfung von E-Commerce-Angeboten.

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