Die Betreiber von Onlineshops sehen sich einer strengeren Kontrolle durch Mitbewerber und Rechteinhaber ausgesetzt, als dies im klassischen stationären Handel der Fall ist. Durch die unmittelbare Aufrufbarkeit der Angebote und der Prüfung derselben treten Rechtsverletzungen vermehrt zu Tage, die dann auch Gegenstand von Abmahnungen sein können. In diesem Beitrag geht es darum, Onlineshopbetreibern mögliche Haftungsrisiken und Haftungsfallen aufzuzeigen. Dabei richten sich die Ausführungen in dieser achtteiligen Beitragsreihe sowohl an den bereits im Markt tätigen Onlineshopbetreiber als auch die Unternehmer oder Personen, die als Start-Up oder Ausgliederung aus einem bestehenden Unternehmen den Start eines Onlineshops planen.
Bekannt ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsangeboten gegenüber dem Verbraucher durch den Anbieter eine Widerrufsbelehrung erfolgen muss. Viele Abmahnungen in den letzten Jahren beschäftigten sich mit der Widerrufsbelehrung, die oftmals falsch verwendet worden ist oder aufgrund gesetzgeberischer Ungenauigkeiten zu Wettbewerbsverletzungen führte.
Stand heute ist jedoch, dass der Onlineshopbetreiber, der die sog. Muster-Widerrufsbelehrung gemäß der BGB-Infoverordnung verwendet und nochmals den genauen konkreten Gegebenheiten des Angebotes anpasst, von einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung verschont werden dürfte.
Vollständige Darstellung erforderlich
Jedoch ist es möglich, dass bereits geringfügige Abänderungen und Weglassen von Formulierungen zu einer Abmahnung führen können.
So hat zum Beispiel das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 08.09.2009; Az.: 5 W 105/09) entschieden, dass es wettbewerbswidrig sein kann, wenn ein Onlineshopbetreiber im Rahmen der dargestellten Widerrufsbelehrung die vorgeschriebene Formulierung „Paketversandfähige Sachen sind auf unsere Gefahr zurückzusenden“ nichr darstellt.
Unzulässig war auch, den Hinweis der alten Muster-Widerrufsbelehrung, die bis zum 11.Juni 2010 Geltung hatte, „und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV sowie unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV” im Rahmen der Widerrufsbelehrung nicht zu nennen. Zwar versteht wahrscheinlich kein Kunde diese Aneinanderreihung der rechtlichen Regelungen, dennoch ging bereits das Landgericht Frankfurt am Main in einer Entscheidung (Urteil vom 07.10.2008, Az.: 2-18 O 242/08) von einem wettbewerbswidrigen Handeln aus.
Auch für die seit dem 11. Juni 2010 geltende neue Widerrufsbelehrung gilt für Onlinehändler: Es ist auf Vollständigkeit zu achten. Jede Änderung, sei es die Kürzung oder Verlängerung des Mustertextes, kann zu einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung führen.
Telefonnummer hat in der Widerrufsbelehrung nichts zu suchen
Ein „klassischer“ Fehler im Rahmen der Widerrufsbelehrung ist auch die Nennung einer Telefonnummer. Auch dies ist rechtlich unzulässig und damit abmahnfähig. So auch das Oberlandesgericht Hamm in einem aktuellen Urteil (Urteil vom 02.07.2009; I-4 U 43/09).
Begründet wird diese Ansicht damit, dass der Verbraucher nach den gesetzlichen Regelungen nur durch die Rücksendung der Waren oder einen schriftlichen Widerruf von seinem Recht Gebrauch machen kann. Durch die Angabe der Telefonnummer werde der Verbraucher dazu verleitet, per Telefon zu widerrufen und der Unternehmer könne sich im Nachhinein auf die Nicht-Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften berufen.
Modalitäten zur Rücksendungen können nicht geregelt werden
Unzulässig ist auch, die Widerrufsbelehrung dahingehend zu erweitern, dass eine Regelung getroffen wird, dass unfreie Rücksendungen des Verbrauchers im Falle des Widerrufs nicht angenommen werden.
So hat das Oberlandesgericht Hamburg in seiner Entscheidung (Beschluss vom 24.01.2008, Az.: 3 W 7/08) folgende Regelung eines Onlinehändlers in einer Widerrufsbelehrung für unzulässig erachtet:
„Bei Reklamationen möchten wir Sie bitten, uns keine unfreien Pakete zu senden, da dies mit erheblichen Mehrkosten (12 Euro Strafporto) für uns verbunden ist. Diese werden grundsätzlich nicht entgegengenommen. Sollte tatsächlich ein Reklamationsgrund vorliegen, werden wir im Zuge der Rückabwicklung bei Vorlage des Postbelegs Ihnen die Portokosten zurück erstatten.“
Ebenso sollte Onlinehändler im Rahmen der Widerrufsbelehrung keine Regelungen aufnehmen, die z.B. die Rücksendung von der Einsendung in der Originalverpackung oder der Beifügung der Verkaufsrechnung abhängig machen. Regelungen zur Rücksendung von Waren sollten allenfalls als „Bitte“ formuliert werden und somit auch eine Ausübung des Widerrufs ohne deren Einhaltung anzeigen.
Aber: Auch hier kann diese ggf. als rechtlich unzulässig angesehen werden.
Vertragliche Regelung zu Rücksendekosten
Problematisch ist zur Zeit, in welcher Art und Weise der Onlineshopbetreiber vorgehen muss, wenn er von der gesetzlich vorgegebenen Möglichkeit Gebrauch machen möchte, dem Kunden die Kosten der Rücksendung nach erfolgtem Widerruf aufzuerlegen, wenn und soweit der Preis der zurückzusendenden Sache den Betrag von 40,00 EUR nicht überschreitet.
Zwar sieht das Gesetz grundsätzlich für den Fall der Rücksendung vor, dass immer der Unternehmer und damit der Onlineshopbetreiber die Kosten der Rücksendung tragen muss. Jedoch kann der Onlinehändler durch eine vertragliche Regelung bis zu dem oben genannten Betrag dem Verbraucher die Kosten der Rücksendung auferlegen.
Dazu sagt z.B. das Landgericht Dortmund in einer Entscheidung (Urteil vom 26.03.2009; Az.: 16 O 46/09), dass die bloße Regelung zur Kostentragung in der Widerrufsbelehrung keine „vertragliche Regelung“ im Sinne des Gesetzes ist. Daher müsse der Onlinehändler eine gesonderte vertragliche Regelung außerhalb der Widerrufsbelehrung treffen. Tut er dies nicht und wirbt trotzdem mit einer solchen Kostentragungspflicht, handelt er wettbewerbswidrig.
Dieser Ansicht ist u.a. das Landgericht Frankfurt am Main in dem Urteil vom 04.12.2009, Az.: 3-12 O 123/09 entgegen getreten und hat die bloße Darstellung innerhalb der Widerrufsbelehrung ausreichen lassen. Jedoch liegen zwischenzeitlich Gerichtsentscheidungen des OLG Hamm, des OLG Hamburg, des OLG Koblenz und des OLG Stuttgart vor, die eine gesonderte vertragliche Regelung als zwingend erforderlich ansehen.
Tipp:
Zum jetzigen Zeitpunkt kann dem Onlineshopbetreiber nur angeraten werden, eine entsprechend gesonderte Regelung im Rahmen der AGB vorzunehmen, um hier einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung durch einen Mitbewerber zu entgehen.
Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass ein Mitbewerber, der aufgrund eines solchen Wettbewerbsverstoßes eine Abmahnung ausspricht, sich aufgrund des sog. fliegenden Gerichtsstandes ein Gericht aussuchen kann und somit die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zu seinem Vorteil ausnutzen kann.
Änderungen in 2010
Abschließend sei zu dem Bereich der Widerrufsbelehrung gesagt, dass mit Wirkung zum 11. Juni 2010 Änderungen eingetreten sind. Die bisher nur als Verordnung geregelte amtliche Muster-Widerrufsbelehrung ist Gesetz geworden. Im Rahmen dieser gesetzlichen Neuerung muss zwingend eine Anpassung der Widerrufsbelehrung an die neuen gesetzgeberischen Vorgaben erfolgen.
Neuerungen des Gesetzes sind des Weiteren, dass auch für Verkäufe über die Internethandelsplattform eBay eine Widerrufsfrist von 14 Tagen möglich ist und zudem auch grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt wird, bei Verkäufen über eBay einen Wertersatzanspruch für eine bestimmungsgemäße Gebrauchnahme geltend zu machen.
Fazit
Die Widerrufsbelehrung bedarf einer ständigen Prüfung durch den Onlinehändler und die Anpassung an neue gesetzliche Regelungen und ggf. Änderungen in der Rechtsprechung.