So das Oberlandesgericht Hamm in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 16. Januar 2014, Az.: 4 U 102/13).

Der Sachverhalt

Ein Onlinehändler hatte so genannte B-Ware zu vergünstigten Preisen angeboten und dabei gleichzeitig auch gemäß einer Regelung in den AGB die Gewährleistungsfrist auf ein Jahr verkürzt.

Bei einem beworbenen Notebook (exemplarisch) befand sich folgende Erläuterung:

„…Als B-Ware werden Verkaufsartikel bezeichnet, die nicht mehr original verpackt sind, bzw. bei denen die Originalverpackung beschädigt wurde oder fehlte. Ebenfalls gehören hierzu Artikel, die nur einmal ausgepackt und vorgeführt, bzw. vom Kunden angesehen wurden, sowie Retouren aus dem Versandhandel. Die Artikel weisen keine oder eher geringfügige optische Mängel (leichte Gebrauchsspuren) auf, die keinen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit des Gerätes haben. Bitte beachten Sie jedoch, dass diese Artikel einer eingeschränkten Gewährleistung von einem Jahr unterliegen (s. Besondere Hinweise in § 10 unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen)“…“

In den AGB wurde folgende Klausel verwendet:

„Beim Kauf gebrauchter Gegenstände verjähren Ansprüche der Kunden bei Mängeln innerhalb einer Frist von einem Jahr ab Erhalt der Ware.“.

Grundsätzlich gilt bei B2C-Verträgen, dass die gesetzlichen Gewährleistungsfrist immer 2 Jahre beträgt.

Es besteht zu Gunsten des Unternehmers nur dann die Möglichkeit von dieser 2-jährigen Gewährleistungsfrist abzuweichen, wenn und soweit er gebrauchte Waren bzw. gebrauchte Sachen anbietet.

Dann ermöglichst der Gesetzgeber über individualvertragliche Regelungen (im Einzelvertrag oder über AGB) die Möglichkeit, die Gewährleistungsfrist auf 1 Jahr herabzusetzen.

Weitergehende Abweichungen nach unten, also noch kürzere Fristen, sind jedoch nicht möglich.

Eine Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungsfristen ist immer zulässig.

Das Urteil

Das Oberlandesgericht Hamm folgt hier der erstinstanzlichen Entscheidung und sah die angebotenen „B-Ware“ nicht als eine solche gebrauchte Ware an.

Das Gericht begründete dazu wie folgt:

„…Die Beklagte verstößt mit dem beanstandeten Angebot vom 06.11.2012 gegen § 475 Abs. 2 UWG, der die Verkürzung der Gewährleistungsfrist im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs auf weniger als zwei Jahre untersagt.

Denn es kann nicht positiv festgestellt werden, dass es sich bei den von der Antragsgegnerin mit der streitgegenständlichen Passage ihres Angebotes als sog. B-Ware beschriebenen Artikeln um gebrauchte Sachen i.S.d. § 475 Abs. 2 2. Alt. BGB – und nur für diese wäre die Vereinbarung einer einjährigen Gewährleistungsfrist zulässig – handelt….

Der Begriff der „gebrauchten Sache“ wird weder durch das nationale Recht noch durch die zugrunde liegende Verbrauchsgüterkaufrichtlinie definiert. Er bedarf aus diesem Grund der näheren Bestimmung, mithin der Auslegung…Maßgeblich muss insoweit ein objektiver Maßstab sein, d.h. die Eigenschaft als „gebraucht“ ist einer Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien entzogen. Andernfalls hätte es der Verkäufer in der Hand, durch die Vereinbarung, dass es sich um eine gebrauchte Kaufsache handelt, die Verjährungsfrist auf ein Jahr zu begrenzen….

Die hier mit der maßgeblichen Beschreibung als B-Ware gekennzeichneten Artikel sind nicht solchermaßen gebraucht.

Der Umstand, dass Verkaufsartikel „nicht mehr original verpackt sind, bzw. bei denen die Originalverpackung beschädigt wurde oder fehlte“, macht diese nicht zu gebrauchten Sachen. Denn es fehlt an jeglicher Verwendung, die mit einer Erhöhung des Sachmängelrisikos verbunden sein könnte.

Auch das – so die in Rede stehende Formulierung – einmalige Auspacken und Vorführen des Gerätes seitens des Verkäufers selbst ändert daran nichts (vgl. auch BeckOK-Faust, BGB, Stand: 01.03.2011, § 474 Rn. 18). Hierdurch wird der Artikel nicht schon seiner gewöhnlichen Verwendung zugeführt. Dass die Ware allein hierdurch einem erhöhten, für die Beklagte nicht abschätzbaren und ihr Interesse an einer Verkürzung der Gewährleistungsfrist rechtfertigendem Mangelrisiko ausgesetzt wird, ist nicht nachvollziehbar, zumal die Beklagte selbst vorträgt, dass technische Probleme in der Regel erst nach einer längeren Zeit des Gebrauchs auftauchen….Im Übrigen bewirbt die Beklagte selbst die Ware nicht etwa als gebraucht, sondern bringt mit ihrer eigenen Beschreibung der sog. B-Ware letztlich nur zum Ausdruck, dass es sich um Sachen handelt, die vielleicht nicht neu, aber auch nicht gebraucht sind. Sie kann diese Ware auch als solche verkaufen, jedoch nicht unter Verkürzung der maßgeblichen Gewährleistungsfrist….“

Der Praxistipp

Anbieter, die so genannte B-Waren und den oben genannten Voraussetzungen (nicht abschließend) anbieten, sollten von einer pauschalen Reduzierung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von zwei Jahren auf ein Jahr über Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder sonstige Darstellungen in Onlineverkaufsangeboten Abstand nehmen, da auf Basis dieser Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm mit weiteren Abmahnungen zu rechnen ist.

Ob und inwieweit andere Gerichte dieser Ansicht folgen werden, bleibt abzuwarten.

Aufgrund des so genannten fliegenden Gerichtsstandes bei Wettbewerbsverstößen im E-Commerce ist daher zu der vorgenannten Vorgehensweise anzuraten.

Volke Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB

ist Rechtsanwalt in der Kanzlei volke2.0. Er berät als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Fachanwalt für Informationstechnologierecht Mandanten vor allem in Fragestellungen rund um die Themen Wettbewerbs- und Markenrecht. Schwerpunkt ist dabei die Abwehr von Abmahnungen und die rechtliche Prüfung von E-Commerce-Angeboten.

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