Was ist die größte verpasste Chance bei der Optimierung von Online-Shops? A/B- oder Performance-Tests? Wie wäre es mit Warenkorb-Recovery? In der Vergangenheit haben wir viel Wert auf die Optimierung der Conversion Rate und die Optimierung der Warenkörbe gelegt, trotzdem ist eine Abbruchrate von 50% und mehr keine Seltenheit.

Wir wissen, dass ein Großteil der Abbrüche nicht darauf zurückzuführen ist, dass der Button nicht groß oder grün genug war: Einige Kunden wurden abgelenkt, andere wollten Produkte für später aufheben, manche konnten sich nicht mehr an die Shop-URL erinnern, oder dachten, die Transaktion ging durch – obwohl sie es nicht tat.

Sogenannte Warenkorb-Recovery E-Mails haben, im Vergleich zu „normalen“ E-Mails, eine weitaus bessere Conversion und einen deutlich höheren ROI. Sie sind eine sehr gute und kostengünstige Chance zur Umsatzrettung.

Die verpasste Chance der Warenkorb-Recovery

Eine Studie von RedEye und Econsultancy hat festgestellt, dass 54% der befragten Unternehmen Warenkorb-Abbrecher nicht weiter verfolgt, im Vergleich zu 26% die das bereits tun. Nimmt man die 20% der Unternehmen, für die das Thema Warenkorb-Recovery nicht geschäftsrelevant ist, aus der Statistik heraus, verfolgen 68% der Unternehmen ihre Warenkorb-Abbrüche nicht – gegenüber 32%, die das tun.

Verglichen damit, dass 53% der befragten Unternehmen der gleichen Studie A/B-Tests durchführen, ist das Thema Warenkorb-Recovery wahrscheinlich die größte verpasste Chance in der Optimierung von Online-Shops.

Es reicht allerdings nicht, das Thema nun einfach so anzugehen: Es gibt einige gute Tipps, wie man das Beste aus den Retargeting-Anstrengungen herausholen kann.

Zögern Sie nicht

Hier geht es nicht um’s Daten, wo Sie Ihren Gegenüber 3 bis 5 Tage warten lassen, um es so aussehen zu lassen, dass Sie besonders beschäftigt oder wichtig sind. Ihre Konversionsrate wird nicht besser dadurch, dass Sie Ihre Kunden zappeln lassen.

Nach Erhebungen von SeeWhy, bei denen Daten von über 60.000 Warenkorb-Abbrüchen analysiert wurden, wurden 54% aller wiederhergestellten Warenkörbe in den ersten Stunden zurückgewonnen. Weitere 10% innerhalb von 48 Stunden. Nach 7 Tage sind es insgesamt 82%.

Die Conversion Rate der Warenkorb-Recovery E-Mails in Echtzeit liegt bei 11%, gegenüber 6% bei einem Versand nach 24 Stunden bzw. 3% nach 7 Tagen. Auch die Öffnungsrate der sofortigen Nachfass-Mail liegt mit 60% höher als nach 24 Stunden mit nur 55%. Nach 7 Tagen liegt sie bei etwa 50%. Der Ertrag pro E-Mail liegt im Durchschnitt, in gleicher Reihenfolge, bei 11, 4, und 3 Dollar.

Ein sofortiges Anschreiben reduziert zudem das Risiko, dass der Kunde in der Zwischenzeit bereits gekauft hat, bevor er die Nachfass-Mail zu einem späteren Zeitpunkt empfängt – oder noch schlimmer: Das der Kunde darüber verärgert sein könnte, einen Rabatt nicht erhalten zu haben, weil er zwischenzeitlich gekauft hat.

Wechsel von manuell auf automatisch

Die Studie von RedEye und Econsultancy stellt eine Verlagerung von manuellen Wiederherstellungs-Methoden zu automatisierten Methoden von 2010 bis 2011 fest. Gut. Software ist intelligenter und schneller als wir, das sollten wir auch honorieren.

Seien Sie ein Serien-Stalker

Planen Sie eine Reihe von drei automatischen Auslösern, einen für das Nachfassen in Echtzeit, einen nach 24 Stunden und einen nach 7 Tagen.

Die Art und die Aufmachung der E-Mails kann sich im Verlauf etwas verändern. Zum einen, um die bisher vergangene Zeit zu verdeutlichen und zum anderen, um bessere Angebote abzugeben (so könnte die erste E-Mail beispielsweise eine freundliche Erinnerung sein, die zweite hingegen bessere Angebote beinhalten).

Wenn möglich sollte man die Empfänger, die die erste Mail nicht geöffnet haben, die, die die Mail zwar geöffnet, jedoch nicht geklickt haben und die, die sie geöffnet und geklickt haben entsprechend segmentieren und gezielter ansprechen. Dabei können Sie auch mit mehr als drei verschiedenen Anschreiben arbeiten, wobei drei unterschiedlichen Ansprachen einen guten Anfang darstellen. Jedenfalls solange, bis Sie ein Gefühl für das Verhalten Ihrer Kunden bekommen.

Segmentieren und Testen

Vielleicht möchten Sie, abhängig vom Inhalt der Warenkörbe, auch unterschiedliche Nachrichten versenden. Hochpreisige Produkte können zum Beispiel einen Gratisversand besser auffangen, als Produkte mit kleiner Marge bzw. einem niedrigen Preis. Andere Produkte brauchen eventuell eine längere Entscheidungsphase, hier könnten Erinnerungen den gleichen Effekt erzielen, wie beispielsweise Rabattaktionen – ohne den Gewinn zu schmälern. Und: Desto exklusiver Ihr Produkt ist, desto weniger müssen Sie mit Rabatten werben. Victoria’s Secret verkauft zum Beispiel nicht über andere Händler. Dort benötigt es nur eine Erinnerungs-Mail, dass der Warenkorb gespeichert ist und zum Abschluss des Einkaufes abgerufen werden kann. Der Kunde kann dabei zusätzlich motiviert werden, zum Beispiel mit der Aufforderung: „Sichern Sie sich mit Ihrem Kauf ein Gratis-Geschenk!“

Behandeln Sie Ihre E-Mails wie Langingpages und testen Sie sie. Wir kennen die Handlungsaufforderungen, Werbetext (Ansprache, Länge und Message), Bilder und Layout – alles hat Einfluss auf die Überzeugung und die Conversion. Einige Design-Inspirationen und Tipps für den Inhalt finden Sie im Beitrag „14 Tips for Cart Recovery and 10 Emails Deconstructed„.

Belohnen Sie keine Abbrüche

Halten Sie Ihre Kunden nicht vom Kauf ab, um bei einem Abbruch an ein besseren Preis zu kommen. Mit anderen Worten: Schicken Sie Ihren Kunden nie gleich zu Beginn einen Rabatt-Code. Identifizieren und Segmentieren Sie wenn möglich Kunden, die nach einem Angebots-Code gekauft haben und wechseln Sie zu einer „freundlichen Erinnerung“ mit Echtzeit-Nachfassung.

Heben Sie Ihre Vorteile hervor

Überzeugen Sie unsichere Kunden davon, dass Ihr Shop die richtige Wahl zum Shoppen ist – ungeachtet des Preises. Stellen Sie Ihre Vorteile heraus und seien Sie dabei nicht schüchtern.

Fragen Sie frühzeitig die E-Mail Adresse ab

Besonders wichtig ist es, die E-Mail Adresse der Kunden möglichst früh abzufragen, denn ohne die können Sie im Nachhinein auch keine Erinnerungs-Mail verschicken. Der beste Weg ist, nicht im ersten Schritt danach zu fragen, sonders als ersten Schritt.

Folgen Sie den Warenkorb-Abbrechern zu Facebook

Was ist mit der Warenkorb-Übersichtsseite, bevor Sie eine E-Mail Adresse abfragen können? Sofern der Kunde über eine E-Mail-Kampagne in den Shop gekommen ist, ist es technisch möglich, ihm im Nachhinein den Warenkorb zuzuordnen. In den meisten Fällen jedoch ist es mit Googles neuem Remarketing-Programm möglich, die Warenkorb-Abbrecher mit nahezu jeder erdenklichen Werbe-Botschaft anzusprechen. Wie zum Beispiel mit einem 10%-Gutschein oder dem Hinweis „Ihre Produkte warten unter {brand.com} auf Sie“. Die Werbung wird den Abbrechern dann zu Facebook und zu ziemlich jeder Webseite folgen, die Google Display-Werbung anzeigt. Das bringt Ihnen sehr viel mehr Aufmerksamkeit, als eine Serie von Nachfass-Mails.

Natürlich können auch beide Maßnahmen zusammen funktionieren. Warum also nicht eine Remarketing-Kampagne mit Warenkorb-Recovery E-Mails verbinden?

Info: Dieser Artikel wurde im Rahmen einer Kooperation mit Get Elastic ins Deutsche übersetzt.

(Follow me on Twitter) ist Director of Ecommerce Research bei Elastic Path Software, einem führenden Anbieter für eCommerce Lösungen, Software, Medien, Telekommunikation, Online-Diensten und Online-Händler. Linda schreibt den Get Elastic eCommerce Blog und hat vor kurzem Ihre eigene Schmucklinie unter dem Namen Robin Hood Couture herausgebracht.

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